Die neuen Großeltern – endlich Zeit für Kinder!
Text: Heike Byn/ Martina Voigt-Schmid
Großeltern sind beste Freunde, Ruhepole in der Familie, liebevolle Kinderbetreuung und Rettungsanker, wenn Eltern und Kinder sich streiten. Klar, dass so viel Nähe auch Stoff für Reibung und Differenzen bietet. Dann helfen nur Offenheit und klare Grenzen.
Laut Umfrage des Bundesfamilienministeriums lebt ca. die Hälfte der Großeltern in der Nähe ihrer Enkel und rund 20 Prozent sogar im selben Haus. Großeltern sind unersetzlich. Nicht nur, weil sie zu einer harmonischen Entwicklung von Kindern beitragen, sondern auch, als zuverlässige Kinderbetreuer: Über die Hälfte der berufstätigen Mütter greift auf die ihre Hilfe zurück. Nur zehn Prozent geben ihr Kind in eine Krippe, etwas mehr zu einer Tagesmutter. Deutschlands Großeltern leisten damit mehr als zwei Milliarden Betreuungsstunden pro Jahr! Viele von ihnen stehen nicht mehr im Berufsleben, sind aber immer noch sehr fit und aktiv. Deshalb können sie ihren Enkeln etwas Unbezahlbares bieten: Zeit und Muße.
Großeltern und Enkel – geben und nehmen
Dass auch Großeltern vom Austausch mit ihren Enkeln sehr viel profitieren, hat die großee Mehrheit von Interviewpartnern einer Umfrage des Deutschen Zentrum für Altersfragen bejaht. Enkel geben dem Leben der Großeltern einen weiteren Sinn, lassen sie am Weltgeschehen teilhaben und bringen ihnen Jugendsprache und neue Technologien näher.
Wenn die Enkel in die Pubertät kommen, verstehen sich die Teenager mit den Großeltern sogar oft besser als mit den Eltern. Denn Oma und Opa hören ihnen geduldig mit Offenheit zu und lassen sie ihre Meinung gelten. Mit ihrer Lebenserfahrung und ohne die Last der erzieherischen Hauptverantwortung können sie mit den Problemen Jugendlicher gelassener umgehen als die Eltern. Deshalb sind Großeltern gerade für Teens die besten Verbündeten und können zwischen den eigenen Kindern und den Enkelkindern vermitteln, wenn es Streit gibt. Sie sind sozusagen der ruhige Pol der Familie
Wie wichtig sind die Großeltern für eine Familie?
3 Fragen an Dr. Juliane Arnold, Leiterin der evangelischen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Köln.
Was ist so schön am Großeltern-Sein?
Großeltern sind froh darüber, dass sie keine Verantwortung mehr für die Erziehung tragen müssen. Gelassen und reich an Lebenserfahrung beobachten sie die Entwicklung der Enkel aus der zweiten Reihe. Sie genießen das Zusammensein mit den Kindern und können schöne Dinge mit ihnen erleben. Großeltern sehen Enkel als Bereicherung für ihr Leben. Sie halten jung und sorgen dafür, dass Oma und Opa den Anschluss an aktuelle Trends nicht verlieren.
Wie sieht heute die Rolle von Großeltern in den Familien aus?
Großeltern sind nicht mehr auf eine bestimmte Rolle festgelegt: Die meisten lieben es, ihre Enkel zu verwöhnen und genießen es, weniger streng zu sein als Mama und Papa. Dabei merken die Enkel sehr schnell, was bei Oma und Opa anders läuft und passen sich den jeweiligen Regeln an. Viele Großeltern sehen ihre Aufgabe in der Alltagshilfe: einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen, handwerkliche Aufgaben erledigen – und nicht zuletzt auch das Budget der Kinder durch Zuschüsse unterstützen.
Es gibt auch Großeltern, die müssen sich ganz anderen Herausforderungen stellen, wenn sie sich plötzlich in einer neu zusammen gewürfelten Patchwork-Familie wiederfinden und eine Beziehung zu den neu hinzukommenden Enkelkindern aufbauen wollen. Aus anderen werden Ersatzgroßeltern, weil sie als Leih-Oma oder -Opa die Aufgaben von leiblichen Großeltern übernehmen, die entweder schon gestorben sind oder weit entfernt wohnen.
Was kann schief laufen in der Beziehung zwischen den Generationen?
Konflikte treten zum Beispiel dann auf, wenn Großeltern nur für und durch ihre Enkelkinder leben, wenn sie sich selbstlos aufopfern und ihr Leben nicht mehr mit eigenen Inhalten füllen. Dann mischen sie sich zu sehr in die Erziehung ein, wissen oft alles besser wissen und signalisieren damit, dass sie den Eltern nichts zutrauen.
Es gibt aber auch Großeltern, die sich mehr Arbeit aufhalsen, als ihnen gut tut. Erschöpfung und Unzufriedenheit sind die Folgen. Dabei können Eltern ja nicht ahnen, wo die Grenzen von Oma und Opa liegen. Die müssen schon selbst Bescheid geben, wenn ihnen etwas zuviel wird. Schließlich soll das Zusammensein mit den Enkeln ja Spaß machen und nicht in Stress ausarten.