Eltern-Kind-Kommunikation: ein Wort gleicht einer Biene

Eltern-Kind-Kommunikation erfolgt meist ganz spontan, doch wenn wir unsere Worte achtsam wählen, kann es das Leben ein ganzes Stück einfacher machen.
„Ein Wort gleicht einer Biene, es kann Honig geben und es hat einen Stachel.“
So sagt es der Talmud, die jahrtausendealte Sammlung der Gesetze und Überlieferungen des Judentums. Warum dieser weise Satz von damals auch heute noch aktuell ist und wie unsere Kommunikation je nach Wortwahl wertschätzend oder destruktiv sein kann, erläutert uns Sprachcoach Andrea Gemmer.

Wie unsere Worte wirken
Mit Worten können wir unsere Mitmenschen – und auch uns selbst – aufbauen oder verletzen, belohnen oder bestrafen, die Süße des Honigs verteilen oder wie mit einem Stachel pieksen. Das erleben wir besonders im Alltag mit unseren Kindern. Sie spiegeln uns in ihrem Verhalten immer wieder, wie es um unsere Fähigkeit hinsichtlich wertschätzender Kommunikation steht. Denn mit klarer, positiver Sprache erreichen wir sie viel besser und begegnen deutlich weniger Widerstand. Um die Beziehung zu unseren Kindern und auch zum Partner/zur Partnerin oder zu anderen Menschen angenehmer und glücklicher zu gestalten, lohnt es sich, mehr Selbst-Bewusst-Sein dafür zu entwickeln, dass
- Wörter immer wirken: zum einen auf uns selbst + zum anderen auf die Person, die wir ansprechen.
- wir selbst die Entscheidung treffen dürfen, welche Wörter wir wirklich in unseren WortSCHATZ aufnehmen und welche wir eliminieren wollen.
- wenn unsere Sätze – unbewusst und unbeabsichtigt – z. B. bei unseren Kindern zu aufbrausenden Emotionen oder Trotzhaltung führen, wir mit einer bewussten alternativen Wort-Wahl den Familienfrieden wiederherstellen können.
- die Ursprungsbedeutung eines Wortes immer mitschwingt.
Was dies ganz konkret für unsere tägliche „Sprachpraxis“ bedeutet, zeigen nachstehende unterschiedliche Alltagssituationen, in denen wir immer wieder das gleiche Wort benutzen, nämlich „schlagen“.

Eltern-Kind Kommunikation – auch Worte könne Schläge sein.
Jedes Wort erzeugt eine Wirkung, jeder Schlag einen Schmerz – auch wenn er nur verbal erfolgt und ohne Absicht. Hast Du schon bemerkt, wie häufig jede/r von uns im Alltag Schläge einerseits „verteilt“ und andererseits auch „einsteckt“?
Sicherlich kommt es manchmal vor, dass sich Dein Kind langweilt und Dich nach Beschäftigungstipps fragt.
Darauf kannst Du antworten: „Hm, du weißt also nicht, wie du dir die Zeit totschlagen kannst?“
oder: „Hm, überleg’ doch mal was du jetzt gerne tun möchtest.“
Hilfst du deinem Kind auch mal bei den Mathe-Hausaufgaben? Dann kommt dir möglicherweise nachstehende Aufforderung bekannt vor:
„Hol‘ bitte dein Mathe-Buch aus dem Schulranzen. Das ist das Buch mit dem gelben Umschlag und schlag gleich Seite 4 auf.“
Eine Alternative – ohne Doppel-schlag – lautet: „Hol‘ bitte dein Mathe-Buch aus dem Schulranzen. Das ist das Buch mit dem gelben Einband und blättere gleich auf Seite 4 vor.“
Kennst du auch die Situation: Du hast dein Kind vom Spielen bei seiner Freundin abgeholt, und es ist Abendessenszeit – doch dein Kind hat keinen Hunger.
Nun fragst Du: „Na, mit was hast du dir denn bei Katja den Bauch vollgeschlagen?“
Eine positive Formulierung könnte sein: „Na, was hast du denn alles bei Katja gegessen?“
Ist dein Kind auch sportlich aktiv und spielt z.B. in einer Fußballmannschaft? Wenn du mal keine Zeit hattest, ein Spiel am Samstag vor Ort zu verfolgen, fragst du dann beim Abholen: „Na, habt ihr euren Gegner dieses Mal auch wieder geschlagen?“
oder: „Na, habt ihr auch dieses Mal wieder gewonnen?“
Nimmst du beim bewussten Aus-Sprechen und Hin-Hören der obigen Sätze deren unterschiedliche Wirkung wahr?
Hast du erkannt, wie häufig wir tagtäglich unbewusst „schlagen“, obwohl wir dies bewusst gar nicht wollen?

Ich möchte dich dafür begeistern, mit einer bewussten, klaren Sprache Vorbild für deine Kinder zu sein und damit zu einem friedvollen und stressfreien Miteinander beizutragen. Erweitere hierfür deinen echten WortSCHATZ, entdecke die Fülle unserer deutschen Sprache und verteile mit deinen Wörtern mehr Honig statt Stacheln😊.
Bereits der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein (1889-1951) sagte:
„Auch Worte sind Taten.“

Andrea Gemmer, ist Trainerin und Coach zum Thema „selbst-bewusste Kommunikation“. Sie arbeitet vor allem mit Eltern und KITA-Mitarbeiter*innen, damit diese erfolgreich und wirkungsvoll miteinander und auch mit den Kindern kommunizieren können und bietet hierfür auch individuelle Video-online-Stunden an.
Kontakt: www.andreagemmer.com
Mehr zum Thema von Andrea Gemmer:
Weniger Druck – mehr Lebensfreude