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Wie Rituale in der Familie Kinder stark machen

Ob Zähneputzen, Schuhe anziehen oder Toilettengänge: Eingeübte Abläufe und Rituale erleichtern Familien den Alltag und helfen Kindern dabei, erste Erfolge zu erleben. US-amerikanische Psychologen sind sich außerdem einig, dass Familienrituale den familiären Zusammenhalt stärken. Kinder erleben durch Rituale Strukturen und damit Sicherheit und Verlässlichkeit, sodass ein Rahmen geboten wird, der für Stabilität sorgt. Die Flut an Eindrücken wird überschaubar, das Leben stressfreier.

Wie Familien erfolgreich und ohne geringen Aufwand Rituale einführen und im Alltag etablieren können, zeigen Zewa, eine Marke des global führenden Hygiene- und Gesundheitsunternehmens Essity, und Expertin Uta Allgaier, Autorin und Coach für Erziehungsfragen aus Hamburg.

Was ist ein Ritual und ab wann spricht man davon?

Uta Allgaier: Im ursprünglichen Sinne sind Rituale religiöse Bräuche, die nach festgelegten Regeln ablaufen. Im weiteren Sinne versteht man darunter aber auch wiederkehrende Tätigkeiten, die dem gleichen Muster folgen und einen feierlichen Charakter haben können, aber nicht müssen. Es ist zum Beispiel ein religiöses Ritual, an jedem Karfreitag ein Kreuz durch die Straßen zu tragen, um an den Tod von Jesus Christus zu erinnern. Ein Ritual kann aber auch sein, jeden Morgen eine Tasse Kaffee zu genießen.

Warum sind regelmäßige Rituale in der Familie so wichtig?

Uta Allgaier: Rituale zu haben, schweißt eine Gemeinschaft zusammen. Für eine Gruppe ist das identitätsstiftend, es grenzt sie von anderen ab. Das gilt auch für Familien. Als ich elf Jahre alt war, habe ich mich mit einer Freundin darüber gestritten, ob Kinder den Weihnachtsbaum vor der Bescherung sehen dürfen oder nicht. „Bei uns“ durfte man das nicht und das habe ich eisern verteidigt. Rituale erschaffen ein „uns“, ein „wir“. Kindern gibt das Halt und es macht sie stark.

Wie profitieren Kinder von Ritualen?

Uta Allgaier: Wenn es nicht zu viele sind, profitieren Kinder von Ritualen, weil sie so Verlässlichkeit erfahren. Gehen Erwachsene bei bestimmten Dingen immer nach dem gleichen Schema vor, können Kinder diese schnell lernen und nachahmen. Das gibt ihnen Sicherheit und Geborgenheit und reduziert Stress – nach dem Motto: „Aha, jetzt kommt das. Das kenne ich schon. Da weiß ich, was zu tun ist, und ich genieße es, das Gleiche zu tun wie die Großen.“ Das kann schon im Kleinen vorgelebt werden, zum Beispiel, indem wir immer gemeinsam die Hände waschen, bevor wir uns zum Essen an den Tisch setzen.

Welche Rituale sind empfehlenswert, um den Alltag zu erleichtern?

Uta Allgaier: Der Klassiker, die Gute-Nacht-Geschichte, ist unbedingt zu empfehlen. Kinder wissen dann auf die schönste Art und Weise, dass es Zeit ist zu schlafen. Sie genießen am Abend die Nähe von Mama oder Papa. Zusätzlich regt die Geschichte vielleicht an, darüber zu sprechen, was sie den Tag über erlebt haben. So können sie es besser verarbeiten. Auch Rituale wie das regelmäßige Zähneputzen und Waschen geben dem Tag Struktur und man übt mit ihnen Verhaltensweisen ein, die wichtig für die Körperpflege sind. Als die Kinder klein waren, hieß es bei uns immer: „Und jetzt ab in die Waschstraße!“. Dann wussten die Kinder genau, was zu tun war.

Jeden Morgen ein Schulbrot zu schmieren, mindestens eine Mahlzeit am Tag gemeinsam einzunehmen, sich vor dem Essen an den Händen zu halten und „Guten Appetit!“ zu wünschen – all das sind Rituale, die den Alltag leichter und schöner machen.

Wie viele Rituale sollten in den Alltag eingebaut werden?

Uta Allgaier: Eine feste Zahl lässt sich hier nicht nennen. Da sollte jede Familie ihren eigenen Weg finden. Jedes Elternteil bringt aus seiner Familie schon Rituale mit. Gemeinsam kann man eine neue Mischung an Ritualen erschaffen. Natürlich sollten es nicht zu viele sein, sonst erstarrt eine Familie in Regeln und Abläufen.  

Was tue ich, wenn meine Kinder von einem Ritual genervt sind?

Uta Allgaier: Ich glaube, ein Ritual, das Kinder besonders nervt, ist das Zähneputzen. Zumindest ist das häufig Thema in meiner Beratung. Zunächst sollte man herausfinden, ob es einen Grund dafür gibt, warum das Kind dieses Ritual ablehnt. Ist die Zahnbürste zu hart? Hat es eine schmerzende Stelle im Mund? Schmeckt die Zahncreme nicht? Es ist wichtig, die Ablehnung ernst zu nehmen und herauszufinden, woher sie kommt, und gegebenenfalls Abhilfe zu schaffen. Hat das Kind aber einfach nur keine Lust und ist das Ritual – wie bei diesem Beispiel – wichtig für die Gesundheit, halte ich beharrlich daran fest.

Bei anderen familiären Gewohnheiten lasse ich das genervte Kind eine Pause machen. Wenn der Rest der Familie einfach weitermacht und das Ritual genießt, wird es wahrscheinlich bald wieder dabei sein. Zwang wäre hier kontraproduktiv.

Wie gewöhne ich meine Familie an Rituale?

Uta Allgaier: Alltagsrituale entwickeln sich aus dem täglichen Leben heraus. Wenn Paare Eltern werden, merken sie schnell, dass sinnvolle Muster, die dem Alter des Kindes und der Lebenssituation angepasst werden, das Leben erleichtern. „Jedes zweite Wochenende besuchen wir Oma und Opa.“ – „Immer mittwochs macht Tim den Kaninchenstall sauber.“ Vieles ergibt sich von selbst. Wenn es aber nicht funktioniert, sollte man sich als Familie zusammensetzen und Vereinbarungen treffen.

Helfen „Toilettenrituale“, um meinem Kind den Alltag zu erleichtern?

Uta Allgaier: Vorzumachen, wie es geht und was hygienisch ist, hilft dem Kind auf jeden Fall. Als wir in diesem Jahr für ein paar Wochen ein Pflegekind aus einem anderen Kulturkreis zu Gast hatten, hat es binnen weniger Tage unsere WC-Standards erlernt: Klopapier falten, feuchte Tücher benutzen, den Deckel schließen, Hände gründlich mit Seife waschen.

Können „Toilettenrituale“ dem Kind dazu verhelfen, schneller „trocken” zu werden?

Uta Allgaier: „Trocken“ zu werden, ist ein Reifungsprozess. Jedes Kind folgt da seinem inneren „Kalender“. Wenn es immer wieder erlebt, wie „es“ geht, hat das auf jeden Fall eine unterstützende Wirkung.

Vielen Dank Frau Allgaier.

 

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