Ein Rezept für Familienglück – mit Zutaten, die nichts kosten
Hast Du Dir auch schon mal gewünscht, dass deine Kinder ein bisschen anders wären? Ordentlicher, strebsamer, problemloser? Dann wird es Zeit, umzudenken. Denn Du kannst nur einen Menschen wirklich ändern: Dich selbst!
Text: Martina Voigt-Schmid
„Kinder sind anders“, heißt der Titel eines Buches der berühmten Pädagogin Maria Montessori. Und es stimmt: Sie sind anders als Erwachsene und oft auch anders als das, was wir uns mal vorgestellt haben. Familienleben könnte so einfach sein und so schön, wenn die Kinder zur Abwechslung mal das täten, was ich von ihnen erwarte …
Warum sind Kinder manchmal so schwierig?
Wenn Jana nur mal aufhören würde, dieses Theater zu machen – jeden Morgen, wenn sie sich anziehen soll, die gleiche Geschichte. Warum muss das Unterhemd zum T-Shirt passen und warum will sie bei diesem Sauwetter mit Ballerinas losmarschieren? Meine Güte, wenn das im Kindergarten schon so losgeht, was soll dann später einmal werden? Eine richtige Primadonna! Und zum Frühstücken haben wir schon wieder keine Zeit, wegen dieser Zicken.
Meiner Freundin Janine geht es mit ihrem Sohn Jannis auch nicht besser. Der will ausschließlich Turnschuhe tragen, obwohl er zu Hause am liebsten gemütlich auf dem Sofa sitzt und liest oder spielt. Jannis Vater Tobias hatte sich so darauf gefreut, mit seinem Sohn Fußsball spielen und angeln zu gehen, aber dazu hat Sohnemann keine Lust. Und Tobias ist davon so frustriert, dass er gar keine Lust mehr hat, mit der Familie etwas zu unternehmen.
Am mangelnden Familienglück sind immer die anderen schuld?
Natürlich lieben wir unsere Kinder und sind (meistens) stolz auf sie. Aber es gibt auch Zeiten, in denen wir verwirrt und – geben wir’s zu – enttäuscht sind davon, dass sie vielleicht so ganz anders sind, als die Kinder unserer Träume. Und wo wir gerade dabei sind: Auch unsere Partner könnten ein bisschen anders sein. Ein bisschen ordentlicher, rücksichtsvoller, schlanker, sportlicher – was auch immer. Dabei wissen wir ja im Grunde, dass wir unsere Familienmitglieder so nehmen sollten, wie sie sind. Warum ist bedingungslose Akzeptanz und Liebe so schwierig?
Der Erziehungsberater Rob Parsons aus den USA sagt „ wenn wir versuchen, jemanden zu ändern, ist die Folge, dass wir die Person verpassen, die wir vor uns haben. Ohnehin ist es unmöglich, andere Menschen zu ändern. Aber wir können uns selbst ändern. Und das Faszinierende daran ist, das das, gerade in kleinen Gruppen, wie einer Familie, einen beeindruckenden Effekt haben kann. „Oft ist es so, dass, wenn man sich selbst ändert – bzw. sein Verhalten anpasst – sich die anderen auch ändern“, so Parson.
Jede schlechte Eigenschaft hat ein positives Pendant
Versuch doch mal, die in deinen Augen schlechten Eigenschaften deines Kindes in positive umzutexten. Dann fällt das Akzeptieren viel leichter.
Dein Kind ist nicht störrisch – sondern willensstark. Es ist nicht chaotisch – sondern kreativ. Es ist keine „Quasselstrippe“ – sondern kommuniziert gerne. Natürlich ist es unrealistisch, seinen Familienmitgliedern die ganze Zeit Lobeshymnen zu singen Und in einer Familie muss man sich gegenseitig die Meinung sagen können. Aber Dinge, die wir nicht gerne hören, werden besser angenommen, wenn sie von einer Person kommen, der wir vertrauen und von der wir wissen, dass sie voll hinter uns steht.
Zum Familienglück gehört auch Kritik – aber konstruktiv
Eines der kraftvollsten Mittel in der Erziehung ist auch eins der einfachsten: Worte. Denn Worte haben eine außerordentliche Kraft, den Geist eines Kindes zu stärken – oder zu zerstören. Ein Kind glaubt das, was es hört. Positive Worte können Hoffnung geben und Möglichkeiten eröffnen. Sage stets mehr positive als negative Dinge. Wenn dein Kind etwas Falsches tut, solltest Du ihm das sagen. Aber kritisiere dabei nur das Verhalten, nie die Person. Setzte „Ich-Botschaften“ ein. Etwa: “Ich möchte nicht, dass Du deinen Bruder an den Haaren ziehst , auch nicht, wenn er dein Bild versteckt hat.“ Anstatt. „Immer musst Du gleich zurückschlagen. Du bist eine richtige Streithexe!“.
„Tatsächlich sind wir konditioniert darauf, unsere Mitmenschen bei negativen Dingen zu „ertappen“ und sie dafür zu kritisieren. Aber eine viel effektivere Methode, ihr Verhalten zu verbessern ist es, sie bei etwas Gutem zu „ertappen“ und sie darin zu „ermutigen“ empfiehlt Parson. Anstatt unsere eigenen Träume und Wünsche dem Kind aufzuzwingen, sollten wir verstehen, dass es bestimmte Eigenschaften auf diese Welt mitgebracht hat. Stärken und auch Schwächen. Unser Job ist es , achtsam zu sein und zu entdecken, wer diese Person ist, die uns anvertraut wurde. Und wie wir sie am besten auf ihrem Weg unterstützen können. Schließlich sind auch viele von uns Erwachsenen oft niedergeschlagen und deprimiert von der ständigen Kritik unserer Mitmenschen.
Seitdem ich mir am Abend Zeit nehme, mit meiner Tochter das Outfit für den nächsten Tag auszusuchen, ist unsere Morgenzeit entspannter geworden. Und seitdem Tobias Jannis nun jeden Tag auf dem Sofa eine Geschichte vorliest und sich mit ihm unterhält, hat der Junge Lust bekommen, das auch mal draußen zu machen. So wie in „Petterson und Findus“, seinem Lieblingsbuch.
Erziehung als Tanz begreifen
Seien wir doch einfach etwas lockerer und entspannter. Eltern sein ist eine so fordernde Aufgabe, dass wir die schönen Seiten daran in vollen Zügen genießen sollten. Anstatt Elternschaft als ein Projekt zu betrachten, das wir alleine „stemmen“ müssen, sieh es doch einmal als Tanz – bei dem Du und ein Kind Partner seid. Mal hast Du die Führung, mal folgst Du deinem Kind und überlässt dich seinen Schritten. Während es spielerisch die Welt entdeckt, entdeckst Du sein Wesen – und gibst ihm alle Unterstützung, Ermutigung und Akzeptanz die es braucht um glücklich zu sein und sich gut zu entwickeln.
FAMILIENGLÜCK
Liebe Redaktion, mit dem Kinder- und Familienglück ist es ein wenig mit dem Lebensglück, wir jagen ihm ständig hinterher. Und eigentlich hasse ich Plattitüden wie „das Leben ist kein Wunschkonzert“. Und doch wird es immer mehr zu einer Lebenswahrheit. Ja, wir sind als Eltern häufig am Limit. Wir, das sind Maria und Thomas und wir sind seit fünf Jahren in einer festen Beziehung. Ich nahm zwei Kinder aus der ersten Beziehung mit, heute haben wir drei Kinder, die kleine Emma ist zwei Jahre alt, wir sind Mitte 30. Familienglück und Lebensglück sind in einer Beziehung untrennbar miteinander verbunden. Und natürlich ist das Beste für unsere Kinder unser tägliches Anliegen.
Als Mittdreißiger stellten wir einerseits fest, dass wir ‚dem Leben‘ nicht wirklich gerecht werden können und ebenso wenig der Familie als Ganzes und auch den Kindern nicht immer. Anderseits lernten wir uns zu organisieren, Kompromisse zu finden und uns ‚dem Unausweichlichen‘ zu stellen. Wenn die kleine Emma etwa schreit, müssen wir nicht diskutieren. Unsere Aufmerksamkeit und Zuwendung ist jetzt sofort gefordert. Wenn die größeren Kinder aus der Schule kommen, gibt es ebenfalls wenig Spielraum. Essen muss auf den Tisch, Hausaufgaben gemacht werden und viele kleine Arbeiten und Erledigungen zwischendurch. Und kaum zu glauben, wir sind mitten drin im Lebens- und Beziehungsglück, wenn auch oft am Limit.
Ach ja, das gibt es ja auch noch uns beide und einen jeden von uns als Persönlichkeit. Wir wachsen zusammen und finden auch Zeit zu zweit, ebenso wie für uns selbst. Manchmal notgedrungen aus dem Stress heraus, manchmal auch gezielt und in Harmonie, es sind die besonderen Momente. Wir haben vor allem eins gelernt: im Hier und im Jetzt zu leben und so das Leben zuerst einmal anzunehmen, egal was kommt. Im zweiten Schritt sind wir natürlich Gestalter unserer Zeit und versuchen die Weichen gut zu stellen und die Gegenwart gut zu gestalten. Wir sind eben mitten drin in diesem Prozess. Und ja, häufig gelingt es uns dem Leben ein Stück vom Glück abzugewinnen, ebenso dem Familienglück. Doch nicht immer, hoffentlich immer öfter, wir bleiben dran.
Maria Steppeler und Thomas Spranger