Farbenfrohes Essen: Bunter is(s)t besser!
Bunter is(s)t besser!
Farbenfrohes Essen animiert Suppenkasper zum Zugreifen
Text: Martina Voigt-Schmid
Mein Mann und ich legen Wert auf gutes Essen. Wir kochen gerne und geben uns Mühe, abwechslungsreiche und gesunde Gerichte auf den Tisch zu bringen – mit viel Gemüse, Obst, Getreide, Milchprodukten und Fisch. Unser erstes Kind ernährt sich wunschgemäß auch wunderbar. Er liebt frischen Salat, Bananen und eigentlich alles, was auf den Tisch kommt. Nicht so Sohnemann Nummer zwei. Obwohl er mit den gleichen Nahrungsmitteln konfrontiert wurde, mochte er lange Zeit nichts außer Muttermilch und entwickelte dann rasch eine familienuntypische Vorliebe für Fleischwurst, Frikadellen und Süßigkeiten. Wie bekommt man so ein Kind dazu, auch mal frische Sachen zu essen?
Es hat uns zwar viel Kopfzerbrechen und etliche Nerven gekostet, aber im Grunde genommen muss man Kinder einfach manchmal etwas austricksen. Mein Kind lässt Früchte links liegen? Nicht so, die üppige Obstplatte, die ich nun jeden Abend auf den Tisch stelle, mit Apfelschnitzen, Bananenstücken, Trauben und je nach Jahreszeit Orangenstücken oder Melonen, Pfirsichen und frischen Beeren. Mein Kind mag keinen Salat? Aber der bunte Mix aus Karotten, Kohlrabi Staudensellerie und mildem roten Paprika mit leckeren Dips aus Mayonnaise und Joghurt verführt auch unseren Gemüsemuffel zum Zugreifen.
Das Auge isst mit!
Bunt sieht einfach lecker aus – und dass farbenfrohes Essen besser ankommt, konnte auch Brian Wansink, Marketing Experte und Ernährungswissenschaftler der University of Illinois in Urbana-Champaign in verschiedenen Studien nachweisen.
Bei einem seiner Versuche durften Erwachsene unter anderem auch bei Gummibärchen zugreifen. Die Bärchen wurden sowohl getrennt nach Farben und als bunte Schüssel mit gemischten Sorten angeboten. Das Ergebnis: Die bunte Schale war mit Abstand am beliebtesten. Ihr wurde zu 69 Prozent mehr zugesprochen als den einfarbigen Angeboten. Wansinks Fazit: „Je mehr Farben wir sehen, desto mehr essen wir. Was Fülle signalisiert, verführt stärker.“
Bunte Farben sehen nicht nur schön aus, sie haben auch eine tiefgreifende Wirkung auf Körper und Psyche. Dieses Wissen macht sich die Werbung zu- nutze, die Farben gezielt als Anreiz zum Zugreifen einsetzt. Achten Sie mal darauf: Rot, Orange und Gelb werden besonders gerne bei der Verpackung von Lebensmitteln und bei der Innenausstattung von Fast-Food-Restaurants verwendet, denn sie steigern den Appetit und somit den Absatz. Das Auge nimmt Licht und Farbschwingungen wahr, aber auch über die Nahrung nehmen wir die Farben der Nahrungsmittel auf. Wenn wir uns nur von weißer Kost ernähren würden, könnten wir, obwohl wir alle wichtigen Nährstoffe bekämen, erkranken, z. B. an einem Magen-Darm-Katarrh (Experiment von Lichtenstein).
Farben in der Nahrung
ROT: Rote Lebensmittel wirken anregend auf Herz und Kreislauf, heben die Stimmung und reinigen den Körper. Z. B. Tomaten, Kirschen, Hagebutten, Rote Bete, rote Paprika, Chilli.
ORANGE: Orangefarbene Lebensmittel bringen Wärme und Lebensfreude. Außerdem wirken sie sich hilfreich auf die Verdauung aus. Z. B. Kürbis, Möhren, Orangen, Ringelblumen-Tee, Aprikosen.
GELB: Gelbe Lebensmittel bringen die Körpersäfte zum fließen und fördern das Denken – gut gegen Prüfungsangst und Arbeitsunlust. Z. B. Bananen, gelbe Paprika, Getreide, Mais, Safran, Curry, Vanille, Ingwer, Ananas.
GRÜN: Grüne Lebensmittel haben eine starke Heilkraft und entgiften den Körper. Yogi Bhajan empfiehlt eine grüne Woche, in der man nur Grünes zu sich nimmt. Z. B. Spinat, Feldsalat, grüne Trauben, Avocado, Brokkoli, Melisse, frische Gartenkräuter, Zucchini, Wirsingkohl.
BLAU: Blau entspannt und beruhigt, auch in der Nahrung. Es hilft unter anderem bei Schlafproblemen, Hyperaktivität und Stress. Z. B. Thymian, blaue Trauben, Blaukraut, Blaubeeren, Feigen, Wacholder, Lavendel.
BRAUN: Braune Lebensmittel geben uns ein wohliges Gefühl von Sicherheit und Genuss. Z. B. Schokolade, Leinsamen, Schwarzer Tee, Nelken, Kaffee, Datteln, Walnuss, Zimt.
Das Wissen, dass die Farbe des Essens eine Wirkung auf Körper und Geist hat, existierte bereits im prähistorischen Peru, in Mexiko und in Indien. Aber auch europäische Wissenschaftler wie Paracelsus, (16. Jh.), Newton, (18. Jh.), Bunsen und Kirchhof (19. Jh.) haben im Lauf der Jahrhunderte immer wieder die Zusammensetzung des Lichts und den Wert der Farben für Gesundheit und Wohlbefinden erforscht. Im Ayurveda und in der chinesischen Medizin spielt die Farbe noch heute bei der Behandlung von Krankheiten eine entscheidende Rolle.
Tipp: Einfaches Mineralwasser, aus einem blauen Glas getrunken, schmeckt erfrischender und belebender als aus einem roten Glas. Probieren Sie’s mal aus!
Wenn Kinder kein Obt und Gemüse mögen, liegt es manchmal nur an der Art der Präsentation und Zubereitung.
Um zu den schlechten Essern zurückzukommen: Farben und fantasievolles Anrichten und Zubereiten macht Spaß – auch kleinen Suppenkaspern. Denn ein Koch der mithilft und auch probiert, der ist stolz auf sein Gericht und weiß ja auch bereits, dass es schmeckt. Wenn dann noch in der Küche und am Esstisch eine fröhliche Stimmung herrscht, ist gute Ernährung gar nicht so schwer! Bei uns wurde aus einem Suppenkasper ein (fast) völlig normaler Esser – auch wenn sein Lieblingsgericht noch immer „gefüllte Paprika mit ohne Paprika“ heißt.
BUCHTIPPS
Meine Suppe ess‘ ich gern: Fröhliche Kinderschlemmerküche. Von Laura Annaert (Autor), Claire Curt (Fotograf), Gerstenberg Verlag, 19,90 Euro. Kindgerechte Ideen mit schönen Fotos zu Gerichten in verschiedenen Farben.
Die Reise in der Suppenschüssel: Die Vielfalt des Essens spielerisch entdecken. Von Sabine Bohlmann, vgs, 14,95 Euro. Zahlreiche leckere Rezepte sowie lustige Spiele und Basteleien rund ums Thema Essen.
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